Bisherige Produktionen
 

1993 - 'Der Fröhliche Weinberg' (Zuckmayer) - Presse

1993 - Der föhliche Weinberg
Eine Burg, ein Weinberg und sehr viel Spielfreude

Vom 21. Juni 1993 - Wiesbadener Tagblatt

„Taunusbühne" begeistert mit Zuckmayer-Lustspiel

„Daheim, dachte ich, in Mainz, Darmstadt oder Frankfurt, wird man es vielleicht spielen und verstehen, denn es lebt von Verliebtheit in die rheinhessische Luft und war mit ihren Humoren durchtränkt" So dachte Carl Zuckmayer während der Arbeit an seinem Lustspiel „Der fröhliche Weinberg". Aber es kam anders: in Berlin hatte er damit 1925 seinen ersten großen Erfolg, in der Heimat wurde das Stück als „schweinisch" abgelehnt, Bürger im Heimatort Nackenheim fühlten sich „gemeint" und getroffen.

Für solche Irritationen gibt es mittlerweile keinen Anlaß mehr. Wenn also die Taunusbühne Bad Schwalbach dieses Stück einstudiert, kommen nur die Vorteile der Zugehörigkeit zu Zuckmayers Heimat in weiterem Sinn zum Tragen: die Bodenständigkeit der Laiendarsteller, die Echtheit des Dialektes, die Vertrautheit mit dem Lebensgefühl. Für eine Freilichtaufführung bietet sich „Der fröhliche Weinberg" überdies an, weil er größtenteils im Freien spielt und zu seiner Atmosphäre Natur und Wetter gehören. Speziell in der Burg Hohenstein finden sich schließlich schon „von Natur aus" die Schlupfwinkel und Verstecke, in die sich all die verliebten Paare im dritten Akt zurückziehen können.

Schon von den Rahmenbedingungen her war der Erfolg der Premiere der diesjährigen Aufführungsserie auf Burg Hohenstein also zu erwarten. Daß aber Zuckmayers überschäumende Lebenslust so unmittelbar auf die Zuschauer übergreifen konnte, ist der Spielfreude aller Akteure und der liebevollen Regie von Joachim Tölg und Michael Möbs zu verdanken. Zwar blieb die eine oder andere Nebenfigur unnötigerweise blaß, zwar waren Gestik und Sprechweise vor allem bei den jungen Hauptfiguren gelegentlich überzogen oder klischeehaft. Das schmälerte indessen das durchgehende Vergnügen an der Aufführung und den Respekt vor der darstellerischen Leistung aller Beteiligten nicht im geringsten.

1983 - Der Fröhliche Weinberg - jpg 28 kB
1993 - Der Fröhliche Weinberg

Knut Schneiders Gunderloch hebt sich allerdings nicht nur als Hauptperson, sondern auch durch die souveräne Bühnenpräsenz von den meisten Mitspielern ab. Daß das angestrebte Rentiersdasein in Wiesbaden für diesen heimat- und naturverbundenen Weingutsbesitzer das Richtige sei, konnte man sich von vornherein nicht vorstellen. Zu dieser Erkenntnis kommt er aber erst durch die plötzliche Liebe zu seiner Haushältern Annemarie (Gudrun Pfeiffer). Genauso irrig wie der Vater handelte die Tochter Klärchen (Christine Herber), als sie sich mit dem Studenten Knuzius einließ — es bedarf einiger Anstrengungen, bis sie wieder zu ihrer „wahren Liebe", dem Schiffer Jochen Most (Uwe Hangen) zurückfinden kann.

Stefan Fischer legte den nationalistischen Knuzius als Karikatur an, die Gefährlichkeit dieses Typs wird damit allerdings verwischt — schon von Zuckmayer. Ernst Dupres Landskronenwirt wirkte vor allem durch die Vitalität der äußeren Erscheinung. Treffliche Chargen waren die beiden Weinhändler mit Frau bzw. Tochter (Rainer Schön, Brigitte Müller, Joachim Tölg, Barbara Creuzburg), besondere Attraktionen boten die Auftritte der drei Veteranen (Günter Soukup, Gerhard Huiffner, Thankmar Stamm). Die jüdischen Weinreisenden (Stefan Weber, Michael Dauth) gehörten in der Inszenierung so selbstverständlich „dazu", wie es in Zuckmayers Stück beabsichtigt ist.

Viel Applaus gab es schon für die Dialogpointen, die perfekt „saßen". Vor der Pause steigerte sich die Handlung dann zu der großen Sing-, Sauf- und Rauf-Szene. Die leiseren Liebesszenen danach verloren keineswegs an Wirkung, sondern wurden als anderer Ausdruck derselben Lebensfülle erkennbar. Dabei spricht Gunderloch aus, worauf sich der Titel bezieht „Annemarie - Der Weinberg guckt uns zu, sonst keiner, un der Weinberg is fröhlich drum, der lacht und jubelt un dudelt un kreischt vor Freud“ Zuckmayer selbst hätte sich in der Aufführung der Taunusbühne sicher mit Vergnügen wieder erkannt.

WOLFGANG JUNG

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Begabtes Ensemble rund um „Schambes"

Vom 21. Juni 1993 - Wiesbadener Kurier

Bad Schwalbacher Taunusbühne begeistert auf Burg Hohenstein mit Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg"

Von unserer Mitarbeiterin
ANJA BAUMGART-PIETSCH

Wieder einmal hat es das engagierte Ensemble der Bad Schwalbacher Taunusbühne geschafft, ins malerische Ambiente des Burghofes von Hohenstein tolle Stimmung einziehen zu lassen. Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg" steht dieses Jahr auf dem Programm, das bekanntlich in einem rheinhessischen Winzerdorf spielt, dessen weinselige Atmosphäre auf der Felsenbühne vorzüglich nachempfunden wurde.

Hauptperson ist der Winzer „Schambes" Gunderloch, der alt geworden ist und sich deshalb zurückziehen will „vielleicht nach Wiesbaden oder Homburg". Die Hälfte seines Besitzes will er versteigern, die andere Hälfte soll seiner Tochter Klärchen als Mitgift zur Verfügung stehen. Heiraten darf sie aber erst, wenn sich Nachwuchs ankündigt — eine sonderbare Haltung des alten Mannes, zumal in den zwanziger Jahren! Doch er kann seine Meinung den Zuschauern durchaus verständlich machen...

Knut Schneider spielt den Winzer Gunderloch und Gudrun Pfeiffer ist seine Angebetete.- Bild: Udo Mallmann
Knut Schneider spielt den Winzer Gunderloch
und Gudrun Pfeiffer ist seine Angebetete. - Bild: Udo Mallmann

Natürlich gibt es bereits einen Bewerber, den Korpsstudenten Gustav Knuzius, einen im wahrsten Sinne des Wortes rechten Widerling, der seinem Ziel im Laufe des Stückes schon ziemlich nahekommt. Wären da nicht noch die Geschwister Most — Jochen, ein Rheinschiffer und heimliche Geliebte Klärchens und seine lebenskluge Schwester Annemarie, Hausangestellte bei Gunderloch und in den Chef verliebt. Im Verlauf einer trunkseligen Nacht kommt es zu allerlei Verwicklungen, bis sich zum Schluß in wahrhaftig anrührenden Liebesszenen die richtigen Paare finden.

Zuckmayer hat in sein Volksstück, das im rheinhessischen Dialekt gespielt wird, aber nicht nur vordergründige Liebesgeschichten und oberflächliches Amüsement hineingepackt. Er zeichnet auch ein buntes Bild verschiedener Persönlichkeiten und ihrer Beziehungen untereinander und zur heimatlichen Erde, in das es sich lohnt, genauer hineinzusehen. Leider war das Premierenpublikum hauptsächlich für die Lacherfolge zu interessieren, aber so wurde auch einiges an rührender Zartheit „kaputtgelacht". Doch die Schauspieler und Schauspielerinnen nahmen die Reaktionen des Publikums zusehends als Motivation zu großartigen Leistungen auf, und so kann man diese Premiere wieder als Riesenerfolg bezeichnen.

Die Regisseure Joachim Tölg und Michael Mobs haben ganze Arbeit geleistet. Aber bei diesem begabten Ensemble kann eigentlich auch nur Gutes herauskommen. Da spielen manche die Profis glatt an die Wand, so zum Beispiel Knut Schneider in der Hauptrolle als Winzer Gunderloch. Er drückt die Verbundenheit mit seinen Weinbergen, seine anfängliche Verbitterung und den anschließenden Wandel zum Neuverliebten, der mit starren Grundsätzen bricht, exzellent aus. Seine Angebetete Anneliese Most wird mit spitzbübischem, an Lieselotte Pulver erinnernden Charme von Gudrun Pfeiffer verkörpert.

Sehr mitreißend, vielleicht ein wenig zu dramatisch legen die zierliche Christine Herber und der gutaussehende Uwe Hangen das junge Liebespaar Klärchen undd Jochen an. Stefan Fischer als Korpsstudent Knuzius erntet viele Lacher, ist aber gelegentlich in gefährlicher Nähe zur Eigenkarikatur. Die zahlreichen Nebenrollen sind wie immer wunderbar mit Charakterfiguren aller Art besetzt — herausragend hier Ernst Dupre als schweineschlachtender Wirt Eismayer und die drei köstlichen Veteranen (in alten Thüringer Feuerwehruniformen steckend) Günter Soukup, Gerhard Huiffner und Thankmar Stamm.
Kostüme und Bühnenbild wurden mit viel Liebe zum Detail angefertigt. Das nachgebaute Fachwerkhäuschen, das an die Burghofmauer gelehnt wurde, vermittelt die Weindorf-Stimmung perfekt. Tanz und Gesang lockern das Stück auf — verabschiedet wird das Publikum mit dem Gassenhauer „Heut geh' mer aber gaa nit mehr haam", den es begeistert mitsang. Riesenapplaus für eine gelungene Aufführung, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Schade wäre es, wenn zukünftige Projekte dieser Theatergruppe am Raummangel scheitern sollten.

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