Bisherige Produktionen
 

1998 - 'Hessische Einakter'

1998 - Hessische Einakter
Stückbeschreibung

Drei Einakter in hessischer Mundart mit den beziehungsreichen Titeln "Sing nicht Vogel", "Die schnelle Verlobung" und "Die geteilte Walküre" brachte die Taunusbühne als Tourneestück auf die Bühne. Regisseurin Edith Geis, deren besondere Neigung dem Mundarttheater gilt, hat diese beiden Stücke inszeniert.

Zum Inhalt:

Sing nicht Vogel (A. Weitnauer)
Pfarrer M. von Jung hat eine besondere Marotte. Er dichtet und komponiert Lieder, die er, dem jeweiligen Anlaß entsprechend bei Beerdigungen mit Gitarrenbegleitung singt.Diese Verse sind nicht gerade religiöser Natur und deshalb dem bischöflichen Ordinariat ein Dorn im Auge.

Die schnelle Verlobung (P. Ernst)
Das Kaufmannsehepaar Schmelzer will seine jüngste Tochter unbedingt unter die Haube bringen. Da kommt ihnen der Geschäftsreisende Herr Müller, mit dem sie in Geschäftsverbindung stehen, gerade recht. Seit dem 24.10.98 ebenfalls mit dabei:

Die geteilte Walküre (K. Ettlinger)
Eine Frankfurte Familie kehrt in München nach dem Besuch des Prinzregententheaters in ein Gasthaus ein. Da ihnen der Erwerb von drei Karten zu teuer war, kauften sie nur ein Billet, so daß jedes Familienmitglied je einen Akt sehen konnte. Nun tauschen sie gegenseitig ihre Eindrücke aus...

1998 - Hessische Einakter - Der Domkapitular (Hans Seumel, Mitte) redet Pfarrer von Jung (Hans Haas) ins Gewissen. Die Haushälterin (Edith Geis) beobachtet das Gespräch kritisch.
1998 - Hessische Einakter
Der Domkapitular (Hans Seumel, Mitte) redet Pfarrer von Jung (Hans Haas) ins Gewissen.
Die Haushälterin (Edith Geis) beobachtet das Gespräch kritisch.

Wiesbadener Kurier vom 16.9.98 (Untertaunusausgabe)

Publikum bog sich vor Lachen


GEISENHEIM (hs) Eigentlich ist Mundarttheater ja nicht ihr Metier. Die Taunusbühne Bad Schwalbach spielt zwar alles von Shakespeare bis Brecht, aber an das hessische Platt hat sie sich bisher nur selten heran gewagt. Um so erstaunlicher ist ist der große Erfolg, den die zehn Schauspieler mit ihren zwei Einaktern bei den Amateurtheatertagen in Geisenheim feierten.

Auch wenn es im Saal des Domzentrums noch einige freie Plätze gab, waren doch über 100 Besucher erschienen, um sich angesichts der Liebesverirrungen einer verzogenen Bürgerstochter (Kerstin Zorn) vor Lachen die Buche zu halten. Mit Ringellöckchen, Schmollmund und Kulleraugen versucht diese nämlich, sich den Vertreter Herrn Müller (Andreas Roskos) zu angeln, der jedoch weit mehr am Verkauf seiner Unterhosen interessiert ist als an einer schnellen Hochzeit. Und während die Eltern bereits' en schönes Fläschche Wein' für den Schwiegersohn in spe auf den Tisch stellen, sorgt der Unnerhose-Casanova noch für einige Verwirrung.
Und auch Pfarrer Jung (Hans Haas) im Stück Sing nicht Vogel zeigt sich schrullig und gewitzt. Als seine unziemlichen Grablieder dem Domkapitular (Hans-Horst Seumel) ein Dorn im Auge beziehungsweise im Ohr sind, weiß er diesen mit List und Tücke aus seinem Haus zu graulen.
Das Publikum konnte sich kaum auf den Stühlen halten, zu komisch waren die listigen Streiche und Ränke anzuschauen. Donnernder Applaus war am Ende das verdiente Lob für alle Akteure.
Dabei war es gar nicht einfach gewesen, ein Stück für die Theatertage einzustudieren. 'Wir haben gewöhnlich nur zwei große Aufführungen im Jahr', erklärt die Erste Vorsitzende der Taunusbühne, Brigitte Müller. Und jetzt mußten wir diese zwei Einakter dazwischen schieben. Und das hieß auch, Schauspieler zu finden, die bei keinem der anderen Stücke auf der Bühne stehen. doch bei fast 80 aktiven Thespisjüngern war dieses Problem rasch gelöst. Seit Jahresanfang probten und werkelten die Bad Schwalbacher. Der Spaß, den alle bei diesem Unternehmen hatten, ist dem Stück und seinen Akteuren deutlich anzumerken. Wer sich das Spektakel anschauen ömchte: Die Taunusbühne geht in den kommenden Monaten mit diesem Projekt auf Tournee.

Untertaunus Wochenblatt vom 28.10.98

Die geteilte Walküre und Marschmusik in der Kirche

BAD SCHWALBACH - 'Des mach ich net noch mal mit' - völlig entnervt stellt Familienpatriarch Schmelzer (Hans Haas) fest, daß er wohl wieder einmal drei Mark 'für nix' ausgegeben hat. Er probiert alles, was möglich ist, um seine jüngste Tochter Hermine (Kerstin Zorn) endlich unter die Haube zu ringen. Doch all seine Hoffnungen auf eine 'schnelle Verlobung' mit dem Geschäftsreisenden Müller (Andreas Roskos) werden auf einen Schlag zunichte gemacht, als der junge Mann ihm und seiner Gattin (Marianne Thiel) offeriert, daß er bereits verheiratet ist.

Es war leichte, amüsante Theaterkost in schönster hessischer Mundart, die die Taunusbühne Bad Schwalbach am vergangenen Wochenende auf Einladung der Freiwilligen Feuerwehr im Bürgerhaus in Lindschied servierte. Regie führte bei den drei Einaktern, die alle zu Beginn unseres Jahrhunderts spielen, Edith Geis, deren besondere Liebe Dialekt-Inszenierungen gilt. Zwei der Stücke, mit denen die Taunusbühne auch auf Tournee geht, feierten ihre erfolgreiche Premiere bei den Amateur-Theatertagen in Geisenheim, das dritte war eine Zugabe für das Lindschieder Publikum.

Es waren schon ganz andere 'Problemchen', die unsere Vorfahren um die Jahrhundertwende hatten. Ob Tochter Minchen, die endlich in den Hafen der Ehe einlaufen soll, bevor sie nur noch einen 'Wittmann mit Kindern' abkriegt oder Pfarrer von Jung (ebenfalls Hans Haas), der Marschmusik spielt, während er das 'Weihwasser mit dem Wedel im Viervierteltakt im Mittelgang des Kirchenschiffes veteilt' - immer waren es sehr eigenwillige Charaktere, die gestochen scharf dargestellt wurden.

Als Bühnenbild reichte bei allen drei Einakternein Tisch mit Stühlen, ewegliche Wände oder eine Kommode völlig aus. In den verschiedenen Rollen brillierten neben Edith Geis, die als resolute Perledem Pfarrhaushalt vorstand, Hans Haas, Marianne Thiel, Kerstin Zorn, Andreas Roskos und Hans Horst Seumel. Während Kerstin Zorn gekonnt die Rollen der naiven Tochter und Marianne Thiel die der nicht mehr ganz frischen, desillusionierten Mutter übernahmen, verwandelten sich Roskos, Haas und Seumel chamäleongleich vom Domkapitular zum Erzähler, vom Liebhaber zum Kellner oder vom braven, rechtschaffenen Familienoberhaupt zum Ordensträger und Pfarrer. Wagner 'einmal ganz anders' wurde in 'Die geteilte Walküre', einem Werk des Frankfurter Heimatdichters Karl Ettlinger, präsentiert.

In einem Biergarten gegenüber des Prinzregententheaters München konnten die Gäste eine dreiköpfige Familie belauschen, die mit nur einem Billet im Theater gewesen war. Jeder hatte einen Akt gesehen und nun galt es, das Stückwerk zu zu einer Einheit zu verschmelzen - ein Frontalangriff auf die Zwerchfellmuskeln.

Bevor der vergnügliche Abend endete, lernten die Lindschieder noch Pfarrer von Jung kennen, einen eigenwilligen Kirchenmann, dessen besonderes Steckenpferd das Dichten von Liedertexten zu Beerdigungen war. Das war dem bischöflichen Ordinariat natürlich ein Dorn im Auge, also wurde Domkapitular Stolzenberg in den Dotzheimer Pfarrhaushalt entsandt, um dem Treiben ein Ende zu bereiten.

Allerdings ohne Erfolg, dafür sorgten diskrete Hinweise auf Rattengift in der 'Lebberworscht', die die 'Urschel' mit Häubchen und weißer Spitzenschürze zum Kraut servierte. 'Sterben müssen wir alle', so das nüchterne Resümee des Pfarrers, der dadurch sofort zum Dichten inspiriert wurde: 'In diesem kühlen Grabe modert der Domkapitular, der vor ein paar Tagen noch frisch und rosig war'.

Doch soweit wollte Stolzenberg es nun doch nicht kommen lassen und sb blieb Pfarrer Jung- Ende gut, alles gut - schließlich dort, wo er war. Begeisterter Applaus dankte den Laiendarstellern und Regisseurin Edith Geis für einen unterhaltsamen, vergnüglichen Abend.

von Regina Rödel