Presse - 'Katharina Knie' Zuckmayer

Katharina und der alte Knie
 

 
 
Hin- und hergerissen auf dem Hochseil

Katharina Knie sticht erst der Hafer, dann siegt das Verantwortungsgefühl / Premiere der Taunusbühne

Vom 09.06.2008

Von Hannelore Wiedemann

BURG HOHENSTEIN Bälle und Ringe fliegen durch die Luft, Seiltänzer balancieren über Stangen und auf Wippen: Der Zirkus gastiert in dieser Theatersaison auf Burg Hohenstein. Am Freitagabend feierte die Taunusbühne mit ihrem diesjährigen Sommerstück "Katharina Knie" Premiere.

Blicke in die Manege bleiben dem Publikum auf der Burg freilich verwehrt, das Zuckmayer-Stück spielt hinter den Kulissen, erzählt von den Sorgen und Nöten der kleinen Seiltänzertruppe um Karl Knie, die am Rhein entlang von Ort zu Ort zieht, um sich ihr Brot zu verdienen. Dass das zu Zeiten der Inflation Anfang der 20er Jahre nicht einfach war, macht schon das Bühnenbild deutlich: zwei herunter gekommene Wagen und ein schäbiger Vorhang bilden die Kulisse, vor der sich die Geschichte abspielt, die dem Autor bei der Uraufführung wenig schmeichelhafte Kritiken einbrachte. "Rührselig" sei das Stück, weswegen sich Taunusbühnen-Regisseur Hans-Horst Seumel in seiner Inszenierung bemüht hat, den sozialen Gehalt mehr in den Vordergrund zu rücken.

Katharina, einfühlsam gespielt von Ines Ernst, hat drei Säcke Hafer gestohlen. Ihr stolzer Vater, mit Hans Haas die Moral in Person, ahnt davon nichts. Als Polizeikommisär Dillinger (Roland Glatzer) in Begleitung des bestohlen Landwirts Martin Rothacker (glänzend besetzt mit Hubert Prause) auftaucht, weist der alte Knie den Verdacht empört von sich und seiner Truppe. Doch Katharina gibt den Diebstahl schließlich zum Entsetzen ihres Vaters zu, ihr Motiv ist - wie sich wenig später herausstellt - nicht etwa ihr Eselchen, sondern der Landwirt selbst, auf den sie ein Auge geworfen hat. Als der anbietet, Katharina zwecks Ausbildung zu sich zu nehmen, ist sie entzückt. Auch Vater Knie willigt schweren Herzens ein, hofft er doch, dass Katharinas Lebenswandel wieder ehrbar wird.

Wie sehr er dennoch auf ihre Rückkehr hofft, zeigt sich ein Jahr später, als die Truppe wieder am Ort gastiert: Müde sei er geworden, berichtet Bibbo, der Brigitte Müller überzeugend die Gestalt der guten alten Seele verleiht. Katharina ist aber nicht gekommen, um zu den Artisten zurückzukehren, sondern um ihrem Vater die geplante Hochzeit mit dem braven Landwirt anzukündigen. Als sie es schließlich wagt, sich ihm zu offenbaren, stirbt der alte Knie am Herzanfall.

Hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe und den Zukunftsplänen auf der einen und ihrer Verantwortung für die Artistengruppe auf der anderen Seite, entscheidet sich Katharina schließlich dafür, bei der Gruppe zu bleiben und löst ihre Verlobung auf. Noch in schwarzer Trauerkluft von der Beerdigung ihres Vaters trägt sie damit ihre Träume zu Grabe - eine Wendung, die mancher sich ein wenig ausführlicher erläutert gewünscht hätte.

Das Premienpublikum genoss dennoch Aufführung und spendete reichlich Beifall für die gute schauspielerische Leistung; schließlich gilt die Taunusbühne längst als "kulturelles Highlight" über die Grenzen der Region hinaus, wie Schirmherr Landrat Burkhard Albers lobte. Dass die Erfolge der Taunusbühne auch an anderer Stelle auf Anerkennung stoßen, zeigt ein Geschenk, das die traditionsreiche Schauspielgruppe in diesem Jahr vom Hessischen Immobilienmanagement, Eigentümer der Burg, erhalten hat: Eine neue geräumige Schminkhütte im Burggarten, die die alte, 20 Jahre alte Bude ersetzt.

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Artisten auf Burg Hohenstein

Freilicht-Aufführung von „Katharina Knie"

Vom 06.06.2008

HOHENSTEIN. „Wo ist denn hier die Lustbarkeit?" Karl Knie, seines Zeichens Chef eines alteingesessenen Artistenensembles, redet sich in Rage. Der bunte Zirkuswagen, das Zelt und die wirbelnden Bälle der Jongleure mögen ein anderes Bild vermitteln, doch auch für eine durch die Lande ziehende Seiltänzertruppe ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Tatsächlich drückt den männlichen Protagonisten in Carl Zuckmayers Volksstück „Katharina Knie", das derzeit von der Taunusbühne im Freilichttheater Burg Hohenstein gezeigt wird, der Schuh gleich an mehreren Stellen: da ist zum einen die Hyperinflation der frühen zwanziger Jahre, die regelmäßig Besuche des leutseligen Gerichtsvollziehers Membel nach sich zieht.

Zu allem Überdruss scheint dem Alten nun auch noch seine geliebte, aber als Artistin nur mäßig begabte Tochter Katharina aus dem Ruder zu laufen. Was liegt da näher, „'s Katherinche" beim wohlhabenden Gutsbesitzer Rothacker - beide sind ineinander verliebt - als Elevin in die Lehre zu geben. Dennoch ist Knie senior felsenfest von der baldigen Rückkehr Katharinas in den Schoß der Artistenfamilie überzeugt: „Die kommt widder!" Das tut sie tatsächlich - allerdings nur, weil sie dem arglosen Vater von ihren Hochzeitsplänen berichten möchte . . .

Zirkusluft: Die Taunusbühne gibt "Katharina Knie". Foto: Cornelia Sick
Zirkusluft: Die Taunusbühne gibt "Katharina Knie". - Foto: Cornelia Sick

In der zeitgenössischen Beurteilung des 1928 uraufgeführten Werkes war „Katharina Knie" nicht allzu gut weggekommen. Im Programmheft ist stellvertretend die Kritik Herbert Iherings abgedruckt: „Dieses Drama wollen wir nicht . . . Die Romantik beginnt wieder zu nebeln. Weg damit!" Regisseur Hans- Horst Seumel ist sich der Stärken und Schwächen des Stückes durchaus bewusst. Gut angelegte Rollen stünden dem mitunter zu rühr- und redseligem Charakter des Stückes gegenüber. Auch ist in seinen Augen die Absicht Zuckmayers, sowohl Volks- als auch Zeitstück zu schreiben, „nicht ganz aufgegangen". Seumel hat deshalb in seiner Bearbeitung die sozialen Aspekte in den Vordergrund gestellt und das Stück insgesamt gekürzt. Entfallen ist etwa ein längerer Monolog in Karl Knies Sterbeszene, die nun kurz und prägnant daherkommt.

Unter dem Taunusbühnen-Ensemble, das in dem Volksstück rheinhessisch parliert und für die realistische Darstellung der Seiltänzertruppe eigens Artistik-Unterricht genommen hat, sticht besonders Hans Haas in der Rolle des Knie senior hervor. Glaubhaft gibt er zum einen den selbstbewussten Patron, zum anderen den liebevollen, aber von Zweifeln geplagten Vater. Brigitte Müller glänzt in der Rolle der Bibbo, der guten Seele der Artistengruppe.

Ines Ernst überzeugt als burschikos auftretende, aber auch von Zweifeln geplagte Katharina, die sich letztlich ihrer Verantwortung für die Seiltänzertruppe stellt und sich damit gegen ihre große Liebe entscheidet: „Ich weiß jetzt, was ich muss . . . Man darf net weglaufen. Sich selbst net und seiner Sache net."


OLIVER KOCH

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Wohnwagen wird noch auf alt getrimmt

Taunusbühne steckt im Probenstress für die Premiere von Zuckmayers Katharina Knie

Vom 17.05.2008

UNTERTAUNUS Das Volksstück "Katharina Knie" von Carl Zuckmayer spielt die Taunusbühne in diesem Jahr auf Burg Hohenstein. Derzeit wird mit Hochdruck geprobt; Premiere ist am 6. Juni.

Von Hannelore Wiedemann

Vor der Felswand fliegen Ringe über die Bühne, ein Schauspieler balanciert auf einer primitiven Wippe und übt sich dabei darin, drei Bälle durch die Luft kreisen zu lassen. Die Kulissen sind noch im Rohbau-Zustand; schmucklos und viel zu neu sind die Bretter, aus denen die Bühnenbauer den Wohn- und den Materialwagen gezimmert haben. "Das wird noch auf alt getrimmt", erklärt Regisseur Hans-Horst Seumel.

Zirkusluft über dem Aartal: Vor der Hohensteiner Felswand fliegen Ringe über die Bühne. Im Vordergrund Ines Ernst als Katharina und Hans Haas als "Vadder" Knie. Foto: wita/Martin Fromme
Zirkusluft über dem Aartal: Vor der Hohensteiner Felswand fliegen Ringe über die Bühne.
Im Vordergrund Ines Ernst als Katharina und Hans Haas als "Vadder" Knie.
Foto: wita/Martin Fromme

Ein bisschen heruntergekommen sollen Wagen und andere Utensilien aussehen; schließlich spielt das Stück im Inflationsjahr 1923. Der kleinen Seiltänzergruppe um Karl Knie, ein inzwischen ausgestorbener Zweig der berühmten Zirkus-Dynastie, geht es gar nicht gut; mit ihren Kunststückchen, die sie in Dörfern und Städten zwischen Karlsruhe und Neuwied unter freiem Himmel aufführen, verdienen sie kaum genug, fürs Leben. "Zuckmayer kannte den alten Knie persönlich", weiß Regisseur Seumel; für das Stück über den armen, aber stolzen Zirkusdirektor allerdings erntete der Dramatiker bei der Premiere keinen Ruhm: Rührselig und geschwätzig sei das Stück, befanden die Kritiker.

Seumel, für den es nach 45 Jahren auf dem Regiesessel die letzte Arbeit gewesen sein soll, hat deshalb gekürzt und gekürzt; in der jetzigen Fassung dauert die Aufführung noch eindreiviertel Stunden. Es müsse schließlich auf die Burg und zu den Amateurschauspielern passen. Von denen könne keiner verlangen, dass sie ellenlange Monologe auf der Bühne halten.

Eine Menge Text gibt es dennoch zu üben für die Darsteller. Auch nach 33 Probentagen muss deshalb just in der Szene, als Dorfgendarm Dillinger die junge Katharina Knie wegen des Diebstahls von drei Säcken Hafer abführen will, die Souffleuse einspringen. Die Dramatik ist dahin; selbst die Schauspieler müssen grinsen.

Bis zur Premiere ist aber noch reichlich Zeit, an den Details zu feilen. Dazu gehören auch die artistischen Einlagen, die auf der Bühne zu sehen sind. Zwar wird es keine Zirkusvorstellung geben, aber zumindest in Andeutungen soll das Milieu zu erkennen sein. Damit die Laienspieler eine gute Figur machen, hat die Taunusbühne eigens einen Lehrer für Bewegung und Artistik engagiert. Der hat mit zwölf Mitgliedern des Ensembles an der Körpersprache gearbeitet, hat Hebefiguren und Jonglage einstudiert und Balancieren trainiert.

"Eine sehr interessante Probenarbeit", findet Ines Ernst, die in diesem Jahr die Hauptrolle der Katharina Knie spielt. Natürlich auch sehr anstrengend, denn die Arbeit an den Kunststückchen kommt noch hinzu zu den regulären Proben. "Sie knien sich wirklich rein", lobt Regisseur Seumel seine 50-köpfige Truppe, von denen knapp die Hälfte auf der Bühne, die andere Hälfte hinter den Kulissen wirkt.

Zur für das Publikum unsichtbaren Hälfte gehört beispielsweise Praktikantin Nina Termin, die das Regiebuch führt. Die junge Frau aus der Jugendgruppe der Taunusbühne notiert jede Bewegung, jede Position auf der Bühne - eine anstrengende Aufgabe an den vielen Probentagen, die manchmal bis zu zwölf Stunden lang sind.

Auch an diesem Tag sind Regisseur Seumel und Co-Regisseurin Marianne Thiel noch nicht ganz zufrieden. "Nicht so trotzig, mit mehr Nachdruck", fordert Seumel den Darsteller von "Vadder" Knie, Hans Haas, auf. Ein anderer lässt es an der Darstellung einer Behinderung fehlen. Für heute will Seumel aber dennoch Schluss machen. "Wenn die Spannung raus ist, muss man aufhören", weiß der erfahrene Theatermann.

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"Katharina Knie" auf Burg Hohenstein

Taunusbühne probt ein Zuckmayer-Stück

Vom 06.05.2008

haw. BAD SCHWALBACH Eine Seiltänzerstück von Carl Zuckmayer steht in diesem Jahr auf dem Spielplan der Taunusbühne: Am 6. Juni hat "Katharina Knie" auf der Burg Hohenstein Premiere.

Der in Nackenheim geborene Schriftsteller verfasste das Volksstück 1929. Es spielt im Inflationsjahr 1923 und erzählt von einer kleinen Seiltänzergruppe unter dem alten "Vatter" Knie, die sich gerade eben so durchschlägt. Weil zu wenig zahlende Besucher in die Vorstellungen kommen, fehlt es an Geld; nicht selten leiden Mensch und Tier Hunger. Mühselig hält der Prinzipal Karl Knie seine Seiltänzer-Truppe zusammen. Die Gerichtsvollzieher warten schon an jedem Spielort - aber Karl Knie lässt sich nicht entmutigen. Da stiehlt die Tochter des Zirkusdirektors drei Säcke Hafer, nicht ahnend, dass diese das Schicksal der Artisten wenden.

Das Ensemble der Taunusbühne probt für "Katharina Knie" auf Burg-Hohenstein. Premiere ist am Freitag, 6. Juni. Foto: Uwe Hangen
Das Ensemble der Taunusbühne probt für "Katharina Knie" auf Burg-Hohenstein.
Premiere ist am Freitag, 6. Juni.
Foto: Uwe Hangen

Die Taunusbühnen-Regisseure Hans-Horst Seumel und Marianne Thiel haben sich mit Leib und Seele dem Zirkus-Metier verschrieben und so bekommen die Zuschauer große Gefühle, viel Artistik und bunte Kostüme zu sehen. Nach der Premiere am 6. Juni wird das Stück bis zum 12. Juli jeweils freitags, samstags und mittwochs um 20 Uhr aufgeführt. Am 14. und 28. Juni um 15 Uhr und am Sonntag, 6. Juli, um 20 Uhr, finden weitere Vorstellungen statt.

Karten sind ab sofort erhältlich im Merlin-Kinderladen, Bleidenstadt, Adolfstraße 38, Tel. (06128) 944190; im Bürgerbüro Bad Schwalbach, Adolfstraße 38, Tel. (06124) 500183 sowie beim Ticket-Service Kaufhof Galeria in Wiesbaden. Die Karten kosten 16 und 13 Euro für die überdachten Plätze und 10 Euro für die nicht überdachten Plätze.

Infos unter Tel. (06128) 944190 sowie im Internet unter www.taunusbuehne.de

 

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