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1968 - 'Das Haus in Montevideo'

Hut ab vor solchen Laienspielern

Volksbühne Untertaunus begeistert mit spritziger Aufführung der Komödie "Das Haus in Montevideo"

Vom 17.Juli 1968 - Aar Bote

BAD SCHWALBACH Es ist keine leichte Sache, die geistsprühende Komödie "Das Haus in Montevideo" von Curt Goetz aufzuführen. Um so erstaunlicher, mit welchem Schwung es die Volksbühne Untertaunus fertigbrachte, diese Geschichte auf die Bühne zu bringen. Da blitzten die Pointen, von einem erstaunlich sicheren Mienenspiel begleitet, nur so. Sie zündeten, und das publikum spendete wiederholt Beifall auf offener Szene. Kurzum: es war ein großer Erfolg, diese neuerliche Premiere der rührigen Laienspielschar.

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"Das Haus in Montevideo" erzählt die Geschichte eines kleinbürgerlichen Gymnasialprofessors, der plötzlich eine Erbschaft macht. Doch wie er in Montevideo erfahrt, gibt es da eine kleine Klausel im Testament, die den so moralischen Professor in schwere Versuchung führt. Dass am Ende die Erbschaft doch noch in die rechten Hände kommt, ohne daß die Moral ins Wanken gerät, ist der Clou der spritzigen Goetz-Komödie.

Hauptperson des Stückes ist zweifellos Traugott Hermann Nägler, der Gymnasialprofessor. Kurt Mussill spielte ihn in der Bad Schwalbacher Aufführung mit derart sicherem Gespür für die Rolle, daß man seine helle Freude daran haben mußte Er verstand es nicht nur, den Seelenkonflikt glaubhaft zu machen, sondern meisterte auch jene schwierigen Passagen, bei denen unter der rauhen Schale des Professor der weiche Kern des Menschen Nägler sichtbar wird.

Auch die zweite Hauptrolle war mit Edith Geis hervorragend besetzt: die der zwölffachen Mutter Marianne. Die biedere, etwas hausbackene Lehrersfrau, voller Sorgen um den Haushalt, doch dann über sich selbst hinauswachsend, das alles vermochte Edith Geis glaubhaft darzustellen. Sie verstand es auch sofort, die mütterlich-warme Atmosphäre des Professorenhaushalts zu Beginn des Stücks herbeizuzaubern und den Kontrast des ersten Aktes zum herrisch strengen Hausherrn aufzubauen, von dem dieser Akt lebt.

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Doch auch die anderen Darsteller gefielen. Da ist allen voran der Pastor, gespielt von K. Schneider, zu nennen, der diese nicht leichte Rolle gut meisterte. Leichter hatten es da G. Wagner als Atlanta und G. Barnickel als Herbert Kraft, die das glücklich liebende Paar nett darstellten.
Anwalt - H. E. Fuhr - und Madame de la Rocco - H. Hofmann - bestachen in den Nebenrollen.

Es war eine reizende Aufführung. Bestechend vor allem auch, weil sich Regisseur Karl-Heinz Degenhardt alle Mühe gegeben hatte, die Komödie so lebensecht wie möglich spielen zu lassen. Wer vergißt so schnell die Szene, in der die zwölf Kinder der Näglers - alle im weißen Matrosenanzug - sittsam die Bühne betreten, auf der Nase die obligatorische Nickelbrille? Oder den kleinen Ultimo - gespielt von U. Krumpholz - der mit seinem allerliebsten Kinderstimmchen seine Worte aufsagt? Es war eine ausgewogene Aufführung in Mimik, Regie aber auch in Bühnenbild und Kostümen. Und wenn man bedenkt, daß alles das von einer kleinen Schar begeisterter Laien zustandegebracht worden ist, dann kann man nur sagen: Hut ab!

Der langanhaltende Beifall nach der Aufführung war ehrlich verdient.

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