2005 - 'Die Zähmung der Widerspenstigen' (Shakespeare)
- Stückbeschreibung
- Wiesbadener Kurier vom 07.06.2005
- Wiesbadener Kurier vom 20.03.2005
- Szenenfotos
- Beitrag von der Webseite des Schirmherren Dr. Franz-Josef Jung
Stückbeschreibung |
Der junge Lucentio, Sohn des reichen Vincentio aus Pisa, ist nach Padua gereist, um hier seine Studien aufzunehmen. Auf den ersten Blick verliebt er sich in die reizende Bianca, die aber bereits von den zwei Edelleuten Gremio und Hortensio umworben wird. Biancas Vater, der Kaufmann Baptista, hat sich jedoch in den Kopf gesetzt, Bianca nicht eher zu verheiraten, bis für seine älteste Tochter Katharina, ein Ehemann gefunden wurde. Das ist jedoch nicht so einfach, denn Katharina erweist sich als äußerst eigenwillig und kratzbürstig. Während sich Lucentio und Hortensio unter falschen Namen als Lehrer für Bianca in Baptistas Haus einschleichen, taucht ein gewisser Petruchio aus Verona auf, den die Warnungen vor der zänkischen Katharina nicht abschrecken, solange die Mitgift stimmt....
Wiesbadener Kurier vom 7.6.2005 |
Geschlechterkampf auf der Burg
Wiesbadener Kurier vom 07.06.2005
Von Mathias Gubo
Weit über 30 Proben hat das Team der Bad Schwalbacher "Taunusbühne" inzwischen hinter sich. Am 17. Juni soll die Premiere sein für die Freiluftsaison auf Burg Hohenstein. Gespielt wird in diesem Jahr "Die Zähmung der Widerspenstigen" von William Shakespeare.
Der erste Akt ist an diesem Nachmittag durchgespielt, es riecht nach Kaffee auf Burg Hohenstein, die Akteure stehen zusammen, diskutieren und essen ein Stück mitgebrachten Kuchen. Regisseur Hans-Horst Seumel bespricht sich mit seinen Assistenten. Die Stimmung ist locker, Roland Glatzer, nicht nur Inspizient, sondern im Stück auch ein hinreißender Diener Curtis, hat einen Riesenspaß daran, mit einer kleinen Spritzpistole herumzuspielen. Die braucht er in Seumels Shakespeare-Inszenierung, doch mehr soll nicht verraten werden.
Er habe "gestrichen wie ein Weltmeister", erzählt der Regisseur. Zum Schluss kam eine "Zähmung der Widerspenstigen" heraus, die mit Pause kaum zwei Stunden dauern wird, gesteht Hans-Horst Seumel. "Ich war entsetzt", nimmt es der 69-Jährige mit viel Selbstironie. Und treibt seine Truppe, zwölf Männer und vier Frauen, zur nächsten Probe an.
Im Stück geht es um den jungen Lucentio, den Sohn eines reichen Mannes aus Pisa, der mit seinem Diener nach Padua reist und sich dort in die reizende Bianca verliebt. Doch deren Vater Baptista hat es sich in den Kopf gesetzt, zunächst seine älteste Tochter Katharina zu verheiraten. Die hat bisher noch keinen Mann gefunden, weil sie eigenwillig und kratzbürstig ist. Doch da taucht Petruchio auf, den die Warnungen vor der zänkischen Katharina nicht abschrecken, solange die Mitgift stimmt. Schon beginnt die "Zähmung der Widerspenstigen".
Eigentlich sei es gar keine Zähmung, meint Seumel, vielmehr spiele sich auf der Bühne vor der herrlichen Kulisse von Burg Hohenstein ein "gespielter Geschlechterkampf" ab. Denn Petruchio, in der Probe springt Frank Baumgart für Uwe Hangen ein, und Katharina (Marianne Thiel) erkennen beide schnell, was sie aneinander haben. Nun geht es also mehr darum, tatsächlich zu beweisen, dass er auch ein echter Kerl ist, und sie nicht nur eine Kratzbürste.
Aus diesem "Geschlechterkampf" bezieht die Shakespeare-Inszenierung ihren besonderen Witz. Da fliegen Pantoffeln über die Bühne, wird der angeblich verbrannte Hammel noch vor dem Tischgebet wieder abserviert und der Braut vor der Hochzeit schon eine Fastenkur verordnet. Genüsslich hält Petruchio seiner künftigen Braut noch vor der Hochzeitsnacht einen Vortrag über Enthaltsamkeit, die jedoch zankt und flucht nur. Dazu Petruchios Rat, der auch viele Jahrhunderte später noch immer nicht gerne gehört werden will: "Stolz soll der Beutel sein, der Anzug bescheiden." Improvisationskunst wird wieder einmal groß geschrieben bei der "Taunusbühne". Die Kulisse der Burg sei ja sehr schön, sagt der Regisseur, doch für ein Freilufttheater schwierig. Was tun bei den unzähligen Ortswechseln im Stück? Also macht Seumel aus der Not eine Tugend, spielt nur auf der Bühne mit spärlichsten Kulissen, ein Schild mit Angaben zum Ort steht für den Ortswechsel.
So endet Shakespeares "Die Zähmung der Widerspenstigen" auch nicht als festliches Bankett, sondern als zeitgemäße Stehparty. Dass in diesem Augenblick ein echtes Brautpaar in die Proben platzt, passt irgendwie zum Stück. Das Paar hat sich die Burg als Kulisse für seine Hochzeitsbilder ausgesucht, hat weder Augen noch Ohren für Shakespeares guten Rat: "Zu lieben sind wir da, und nicht zu hassen. Was bringt das Stark-Tun, wenn man schwach ist? Drum bezähmet Euren Trotz."
Wiesbadener Kurier vom 20.03.2005 |
Shakespeare mit leicht hessischem Akzent
Wiesbadener Kurier vom 20.3.2005
Von Anja Baumgart-Pietsch
Furie trifft Macho - und am Schluss ist, nach großen Machtkämpfen, doch alles, wie es die "Ordnung" wünscht. Doch halt. So einfach ist die Handlung von Shakespeares "Die Zähmung der Widerspenstigen" nicht. Diese Katharina, die als böses Weib verschrien ist, hat sich nur einen Panzer angelegt, aus Angst vor Nähe, um sich vor der Welt zu distanzieren.
Dass diese Verhaltensweise sich dann verselbständigt und zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird, ist klar. Doch sie findet in Petrucchio ihren Meister, obschon seine Methoden ganz schön hart sind, für heutige Verhältnisse jedenfalls. Schlaf- und Essensentzug, und der Zwang, ihm selbst die absurdesten Ansichten abzunicken - doch es klappt, Katharina wird sanft wie ein Lamm und hält ihren Geschlechtsgenossinnen am Ende sogar eine Predigt, wie man eine gute Ehefrau ist. Doch mit Augenzwinkern - denn sie hat verstanden, dass zu einer guten Beziehung gehört, Distanzierung und Ablehnung aufzugeben, den Panzer abzulegen. Dass das ihr auf so drastische Weise beigebracht werden muss - ja, das ist eben Theater und gehört zu Shakespeares interessantesten Komödien, oft gespielt und nun in einer für die Taunusbühne Bad Schwalbach hervorragend adaptierten Fassung mit sinnvollen Kürzungen von Hans Horst Seumel zu sehen. Der benutzt die Naturbühne der Burg Hohenstein sehr sinnvoll und praktisch, getreu dem elisabethanischen Vorbild, das ebenfalls kein kompliziertes Bühnenbild benötigte. Graue Kästen sind das einzige, was außer den Schauspielern auf der Bühne auftaucht; wo man sich gerade befindet, zum Beispiel "Bei Petrucchio" oder auf einer "Straße in Padua" zeigen Schilder an, die ein liebreizendes Nummerngirl aufhängt.
So kann sich das Publikum ganz auf die Schauspieler konzentrieren, und das lohnt sich. Ein bisschen vom gewohnten hessischen Einschlag lässt sich nicht verleugnen, das macht aber überhaupt nichts, denn die Figuren sind allesamt sehr passend besetzt. Und Lokalkolorit gehört hier einfach dazu.
Uwe Hangen als Petrucchio, gibt einen einen recht attraktiven Macho ab, und Marianne Thiel als Katharina, mit temperamentvoll funkelnden Augen, ist bereit, die Klingen mit ihrem Mann zu kreuzen, und sich doch nicht endgültig kleinkriegen zu lassen. Ihr Augenzwinkern am Ende des Schlussmonologs enthält die ganze Botschaft in einer halben Sekunde.
Das ganze Ensemble ist durch Hans-Horst Seumel gut geführt und gibt sich mit Lust seinen Charakteren hin. Ob es der sanftmütige Peter Neugebauer als Lucentio ist, der die ebenso sanfte Bianca (Ines Ernst) als vermeintlicher Lateinlehrer köstlich umwirbt, oder zum Beispiel Holger Schön, ein echtes Schlappmaul, als Gremio - oder alle anderen, die zu nennen den Rahmen sprengen würde - stets passt da alles zusammen.
Das Publikum erlebt einen vergnüglichen Theaterabend mit Hintersinn, ohne Experimente. Die Taunusbühne hat sich da wieder etwas Schönes einfallen lassen, und beweist ihre große Bandbreite: Nicht nur Volksstücke oder Märchen also, auch veritable Klassiker sind hier möglich.
Und den Zuschauern gefällt es sowieso.