1990 - Tote ohne Begräbnis (Sartre)
Jean |
Uwe Hangen |
Canoris |
Joachim Tölg |
Sorbier |
Bernhard Zorn |
Francois |
Volker Stemmler |
Lucie |
Barbara Creuzburg |
Henry |
Ernst Dupré |
Clochet |
Gudrun Pfeiffer |
Pellerin |
Klaus Schäfer |
Landrieu |
Hermann Diehl |
Milizsoldaten |
Hubert Prause, Ingo Pütz |
Kostüme: |
Sieglinde Hüsam |
Maske: |
Rosemarie Makowski |
Requisite: |
Hermann Diehl |
Souffleure: |
Sigrid Soukup, Günter Soukup |
Redaktion Materialien: |
Ernst Dupré |
Bühnenbild: |
Rainer Schön |
Technik/Beleuchtung: |
Rainer Pfeiffer |
Regie: |
Joachim Tölg, Bernhard Zorn |
Erinnerung ohne Datum ... ... ich gehe ans Fenster und sehe unter dem Vorhang eine Fliege, ich fange sie in einer Falle aus Musselin und dirigiere einen mörderischen Zeigefinger auf sie zu ... Ich nehme mir Zeit, ich lasse ihr die Möglichkeit, den Riesen zu ahnen, der sich über sie beugt: der Zeigefinger rückt vor, die Fliege platzt auseinander, ich bin betrogen! Mein Gott, man durfte sie nicht töten! Im ganzen Umkreis der Schöpfung war sie das einzige Wesen, das mich fürchtete; jetzt zähle ich überhaupt nichts" mehr. Aus einem Insektenmörder verwandle ich mich in mein Opfer und werde meinerseits zum Insekt. Ich bin eine Fliege, ich war immer eine Fliege
Jean-Paul Sartre: Die Wörter Autobiographische Schriften, Hamburg 1965
1990 - Tote ohne Begräbnis
Miliz (Ingo Pütz) und sein Chef Clochet (Gudrun Pfeiffer) haben Henry (Ernst Dupré), Lucie (Barbara Creuzburg) und Canori (Joachim Tölg) festgenommen
Wiesbadener Kurier vom 19.03.1990
Taunusbühne
Im Angesicht der Folter
Tote ohne Begräbnis"
Auf bewaffnete Revolte steht der Tod. Vorher aber kommt die Folter. Tote ohne Begräbnis" nennt Jean Paul Sartre sein Theaterstück über eine Gruppe gefangener Resistancekämpfer. Eingesperrt sitzen sie im Warteraum zwischen Leben und Hinrichtung. Zeit für Überlegungen, Erinnerungen, Rechtfertigungen. Ein Jahr nach Kriegsende ging es dem selbst gescheiterten Widerstandskämpfer Sartre um die Aufarbeitung der antifaschistischen Front. Statt mutiger Helden disputieren ratlose Revolutionäre über ihr Versagen. Parteidisziplin im Namen der guten Sache" hat sie zu willenslosen Vollzugsbeamten gemacht, die sogar im Gefängnis noch aus ideologischer Logistik den eigenen Kameraden mundtot machen. Der Weg zu Frieden und Freiheit schwimmt in Blut. Wie ihre Feinde haben die Helden des Widerstands schmutzige Hände. Am Ende ihres Wegs geht es nur noch um das würdevolle Sterben des einzelnen als Individuum.
Die Taunusbühne" (Bad Schwalbach) ist bisher eigentlich eher für leichte Unterhaltung im Rampenlicht der Burgruine Hohenstein bekannt. Die Jüngeren der Laienspielgruppe wollten diesmal mehr, und wagten sich mit Unterstützung der Stadt Taunusstein an das Experiment des Sartreschen Polit-Dramas. Auch wenn der Disput der intellektuellen Brigadisten oft pathetisch überbordert, der in sich selbst bohrende Dialog endlose Spiralen dreht, gelang es dem Ensemble, eindringlich die Situation von Menschen im Angesicht der Folter darzustellen.
Ein Thema, das schließlich lange noch nicht vom Tisch ist, auch wenn im Zeichen von Perestroika und Wiedervereinigung so mancher rosa Schimmer am Horizont der Politik leuchtet. Nelson Mandela ist frei, aber Temeschvar sollte nicht so schnell vergessen sein. Der starke Applaus des Publikums in der Stadthalle Taunus" galt da wie ein Versprechen. ker
1990 - Tote ohne Begräbnis
Probenarbeit von Barbara Creuzburg, Uwe Hangen und Bernhard Zorn